Freie oder Vertragswerkstatt- Wer die Wahl hat hat die Qual
Die Situation in Deutschland


Inspektion, Ölwechsel oder Lackschaden: Autofahrer fragen sich oft, ob sie für Reparatur und Inspektion besser eine freie oder eine Vertragswerkstatt aufsuchen. Ist eine freie Werkstatt immer günstiger? Und verfällt die Garantie, wenn man nicht zu einer Vertragswerkstatt geht?
Garantie auch bei freier Werkstatt?
Müssen Autofahrer eine Vertragswerkstatt aufsuchen, wenn das Auto noch Garantie hat, oder ist auch eine freie Werkstatt möglich? Autofahrer müssen hier unterscheiden, ob sie einen Neu- oder einen Gebrauchtwagen haben.
Für Gebrauchtwagen hat der Bundesgerichtshof 2013 entschieden: Die Garantie darf nicht davon abhängig sein, welche Werkstatt der Autobesitzer aufsucht, also freie oder Vertragswerkstatt (BGH-Urteil VIII ZR 206/12 vom 25. September 2013). Damit haben die Richter die Rechte der Autofahrer gestärkt. Sie können also frei entscheiden, wohin Sie Ihr Auto zur Wartung, Reparatur und Inspektion geben – ohne Ihren Garantieanspruch zu verlieren. Grund hierfür ist vor allem, dass Gebrauchtwagenhändler die Garantie mit verkaufen, selbst wenn dies nicht explizit auf der Rechnung ausgewiesen ist. Allerdings dürfen Gebrauchtwagenhändler festlegen, dass der Käufer Wartungsarbeiten und Inspektion durchführen lassen muss – nur eben nicht vorschreiben, ob eine freie oder Vertragswerkstatt die Arbeit übernimmt.
Anders sieht es bei Neuwagen aus. Wenn der Hersteller dem Käufer eine Gratisgarantie als freiwillige Leistung anbietet, kann er diese an Bedingungen knüpfen, etwa dass Wartung und Inspektion nur eine Vertragswerkstatt übernehmen darf. Wichtig: Im Gegensatz zur Garantie ist die Gewährleistung keine freiwillige Leistung eines Herstellers, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Der Händler ist verpflichtet, bei Mängeln nachzubessern – unabhängig davon, in welcher Werkstatt ein Wagen vorher zur Wartung oder Inspektion war.
Herstellerangaben berücksichtigen
Gerade beim Weiterverkauf spielt es eine wichtige Rolle, ob Wartung und Reparatur immer den Herstellerangaben entsprochen haben. Empfehlung: Autofahrer sollten darauf achten, dass eine freie Werkstatt dies auf der Rechnung vermerkt. Wenn die freie Werkstatt den Herstellerangaben gefolgt ist, darf sie übrigens auch das Serviceheft abstempeln.
Was unterscheidet freie von Vertragswerkstätten?
Freie Werkstätten sind markenunabhängige Betriebe, das heißt, jeder kann dort sein Auto reparieren lassen. Aber auch Betriebe mit Niederlassungen in ganz Deutschland gehören dazu. Vor allem die niedrigeren Kosten machen freie im Vergleich zu Vertragswerkstätten attraktiv. Oft rechnen freie Werkstätten außerhalb von Ballungszentren niedrigere Stundensätze ab. Wer in dicht besiedelten Gebieten wohnt, kann mitunter sparen, wenn er ein paar Kilometer weiter fährt. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Freie Werkstätten können gebrauchte Ersatzteile statt Originalteilen oder neuen Ersatzteilen einbauen.
Es gibt Fehler-Datenbanken, zu denen Herstellerwerkstätten den freien Zugang gewähren müssen – aber laut ADAC haben Herstellerwerkstätten mehr Erfahrung und oft die bessere Ausstattung wie spezielle Diagnosegeräte und mehr Personal.
Freie oder Vertragswerkstatt: Was besagen Tests?
In Tests schnitten freie Werkstätten wiederholt schlecht ab. So wurde beispielsweise bei Checks die vorgegebene Serviceliste oft nicht richtig abgearbeitet, sondern nur einige wichtige Punkte kontrolliert. Kleinere Mängel, die leicht zu finden, aber nicht sicherheitsgefährdend sind, blieben hingegen unbemerkt.
Freie oder Vertragswerkstatt: Was gilt beim Leasing?
Bei Leasingverträgen ist die Werkstattbindung oft ein wesentlicher Bestandteil. Dahinter stehen wirtschaftliche Interessen – so bleibt der Umsatz in den hauseigenen Werkstätten.
Wer sich nicht daran hält, muss beispielsweise damit rechnen, dass die Werkstattkosten nicht vollständig übernommen werden oder der Leasingvertrag gekündigt wird. Zwar gab es mittlerweile zahlreiche Gerichtsurteile, dass es auch hier keinen Garantieverlust geben darf, wenn eine freie Werkstatt Originalteile einbaut. Doch die Leasinganbieter umgehen das, indem sie sogenannte Kompletttarife anbieten.
Eigene Entscheidung: freie oder Vertragswerkstatt
Grundsätzlich können Autofahrer selbst entscheiden, ob eine freie oder eine Vertragswerkstatt das Richtige für sie ist. Ausnahmen sind Sonderfälle wie Produktrückrufe, Kulanzfälle und die Beseitigung von Produktionsfehlern: Da der Hersteller für die Kosten aufkommt, kann er auch vorschreiben, wo die Leistung erbracht werden soll.
In manchen Fällen ist eine Vertragswerkstatt möglicherweise besser geeignet. Das gilt beispielsweise bei Autos, die in Deutschland nur selten vorkommen und für die spezielle Kenntnisse, Werkzeuge und Ersatzteile notwendig sind. Für standardisierte Wartungsarbeiten wie Ölwechsel genügt auch die freie Werkstatt.
Quelle: rv24.de