Abzocke im Internet 15-Jährige in der Kostenfalle – Gratis-Dienste schicken Rechnungen
Weil sie das Kleingedruckte überlesen, sehen sich immer mehr Verbraucher mit Rechnungen und Mahnungen von Internetdiensten für angeblich abgeschlossene Abonnements konfrontiert.
Eigentlich habe sich ihre Tochter nur ein Programm für ihren Computer herunterladen wollen, sagt Kerstin Liehret.
Die 15-Jährige recherchierte im Internet und landete auf der Seite des Online-Dienstes “open download”, wo das Gewünschte vermeintlich kostenlos zu haben war. Doch ein paar Tage später flatterte der Familie aus Cadolzburg eine Rechnung über 96 Euro ins Haus – für einen zwölfmonatigen Zugang zum Angebot von «open download«, zahlbar ein Jahr im Voraus.
Mit gerichtlichen Schritten gedroht
Familie Liehret verwies darauf, dass ihre Tochter minderjährig sei – und erhielt prompt eine Mahnung, in der unverhohlen mit gerichtlichen Schritten gedroht wurde. Darauf wollte Kerstin Liehret nicht warten: Sie schaltete einen Anwalt ein. Für den Juristen ist es nicht der erste Fall dieser Art.
Das ist eine Abzocke, auf die ganz viele reinfallen, sagt der Anwalt, der es bedauert, dass seriöse Anbieter unter solchen Geschäftspraktiken zu leiden haben.
Denn es sind längst nicht nur vermeintlich kostenlose Computerprogramme, bei denen Internetnutzer in die Kostenfalle tappen können.
Auch Anbieter aus den Themenbereichen Ahnenforschung, Routenplanung, Fabrikverkauf oder Berufswahl seien bereits mit dem Abo-Trick aufgefallen, heißt es bei der Verbraucherberatung in Nürnberg, die bereits «unzählige Erfahrungen« mit dem Thema sammeln konnte.
Auch wegen “open download” habe es zahlreiche Beschwerden gegeben, sagt Gisela Linke, die Leiterin der Beratungsstelle.
Bei der Polizei sind bislang zehn Anzeigen eingegangen.
Es wird immer verschleiert, dass die Seiten kostenpflichtig sind, und sie sind auch so gestaltet, dass man nicht damit rechnet, zur Kasse gebeten zu werden,
sagt die Verbraucherschützerin und spricht von “klassischer Abzocke”. Themen und Angebote wechseln nach Angaben der Beratungsstelle ständig, oft verbergen sich sogar dieselben Anbieter hinter unterschiedlichen Seiten. Zu erreichen sind sie oft nur über kostenpflichtige Hotlines, auf denen dann teilweise nur Bandansagen laufen.
Rechnung keinesfalls zahlen
Wer, ohne es zu wollen, ein solches Abo abgeschlossen hat, sollte auf keinen Fall die Rechnung begleichen und sich auch von Mahnungen nicht abschrecken lassen, rät Linke. Die Firmen machten ihr Geschäft damit, dass ein Teil der Kunden den geforderten Betrag überweise, um Ruhe zu haben. «Die Leute sollen eingeschüchtert werden.« Zahle der Betroffene nicht, müsse er meistens keine Konsequenzen befürchten.
Auch wenn, wie im Fall von Familie Liehret, ein Anwalt der Forderung widerspricht, lassen die Anbieter meistens nichts mehr von sich hören. Die Verbraucherzentrale hat auf ihrer Internet-Seite kostenlose Musterbriefe bereit gestellt, die sich Betroffene herunterladen können.
Wenn die Kosten nicht sichtbar sind, könne sich der Verbraucher mit dem Argument der Irreführung wehren, dann ist kein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei ebenfalls möglich.
Kinder könnten ohnehin keine wirksamen Verträge abschließen, selbst dann nicht, wenn sie sich mit Absicht älter gemacht haben. Mitunter lassen ihnen die Anbieter nicht einmal die Wahl: Die Eingabemasken sind so gestaltet, dass ein Mindestalter von 18 Jahren angegeben werden muss – die Jugendlichen könnten das richtige Geburtsdatum gar nicht eingeben.
Quelle
Silke Roennefahrt