Beleidigungen die richtig ins Geld gehen!
Sollten Sie einmal wütend werden, halten Sie bloß Ihren Mittelfinger im Zaum. Das Zeigen des so genannten Stinkefingers gilt vor deutschen Gerichten immer noch als schlimmste Beleidigung und kostet je nach Verdienst zwischen 600 und 4.000 Euro, so die Pressereferentin der Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungs-AG (ARAG), Brigitta Mehring, aus Düsseldorf.
In der Regel werden zwischen 10 und 30 Tagessätze verhängt. Was viele nicht wissen: Neben einem Eintrag im Bundeszentralregister wird eine Verurteilung nach einer Beleidigung im Straßenverkehr auch im Verkehrszentralregister vermerkt und mit fünf Punkten in Flensburg geahndet.
Bei einigen Gesten verhält es sich allerdings anders: Wer sich zum Beispiel prima fühlt und seiner Freude darüber mit dem hoch gestreckten Michael-Schumacher-Daumen Ausdruck verleiht, begibt sich andernorts schon auf dünnes Eis. Wird der Daumen dann noch auf und ab bewegt, ist er in vielen Mittelmeerländern, in Russland, im Mittleren Osten sowie in Teilen von Afrika und Australien eine obszöne Beleidigung und Aufforderung zum Sex. In der Türkei gilt die Geste außerdem als Einladung zu homosexuellen Praktiken.
In Deutschland kostet das Tippen an die Stirn, das so genannte Vogelzeigen, laut ADAC 750 Euro Strafe. In Nordamerika dürfen Reisende allerdings ohne Bedenken den Vogel zeigen. Das Tippen an die Stirn signalisiert dem Mitmenschen ohne große Worte, dass er klug gehandelt hat und für intelligent gehalten wird.
Das bei uns in Europa und Nordamerika geltende OK-Zeichen, bei dem Zeigefinger und Daumen einen Ring bilden, ist in Südeuropa und in Russland eine obszöne Geste und symbolisiere eine menschliche Körperöffnung. Allerdings wurden dafür auch schon in Deutschland Strafen von 750 Euro verhängt, fand der ADAC heraus, weil es nicht als OK gedeutet wurde, sondern als Anus. In Belgien, Frankreich und Tunesien kann die Geste auch so aufgefasst werden, dass das jeweilige Gegenüber als Null oder wertlos beschimpft wird. In Japan ist es wiederum ein Symbol für Geld. ARAG-Expertin Mehring rät, im Zweifelsfalle ganz auf ausladende Handzeichen zu verzichten, wenn man Ärger vermeiden möchte.
Wer seinem Ärger gegenüber Staatsdienern und Ordnungshütern mit herablassenden Äußerungen Luft macht, zieht den besonderen Unmut der Richter auf sich. Wer Polizisten oder Politessen verunglimpft, beleidigt nämlich indirekt auch den Staat, erläutert die ARAG-Expertin. Die Beamten erstatten deshalb oft gemeinsam mit dem Dienstherren Anzeige und das wird dann meistens doppelt teuer. Die Nennung eines Polizisten mit “Sie Spinner” ahndete ein Münchener Gericht mit 1.600 Euro, beim Wort “Missgeburt” gegenüber einem Beamten wurde zur Ordnungsstrafe noch ein Schmerzensgeld verhängt.
Wer auf die Macht der Worte setzt und statt einer obszönen Geste andere Verkehrsteilnehmer und Mitmenschen mit unschönen Tiernamen belegt, kommt auch nicht viel billiger davon, wenn sich erst einmal die Gerichte mit der Beleidigung befassen. “Blöder Esel”, “alte Sau”, aber auch ein “fieses Miststück” können schon mal eine 2.500-Euro-Lücke in die Haushaltskasse reißen
Auch englische Abkürzungen werden geahndet. Ein 18-jähriger wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart zu 200 Euro Geldbuße zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung verurteilt, weil er einen Polizeibeamten durch die Äußerung der Buchstabenfolge “A.C.A.B.” beleidigte.
Die Abkürzung steht für “all cops are bastards” (Alle Polizisten sind Bastarde).Keine Strafe gab es für den Satz eines Berliner Witzboldes zu einem Polizisten: “Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!” Oberförster sei keine Beleidigung, urteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen: 2 JU Js 186/08). Auch die mundartliche Bezeichnung von Polizeibeamten als “Bullen” stellt keine Beleidigung dar, befand das Landgericht Regensburg (Aktenzeichen: 3 Ns 134 Js 97458/04). Die Tochter einer Angeklagten aus Bayern hatte ihre Mutter völlig schlaftrunken gefragt “San däs die Bullen?” Die Angeklagte antwortete an ihre Tochter gerichtet: “Ja, des san die Bullen”. Und auch die Äußerung “Sie sind mir ein komischer Vogel” stellt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Bamberg in Bayern keine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne dar (Aktenzeichen: 3 Ss 64/08).
Besonders schlaue Zeitgenossen hört man manchmal ähnliches sagen wie “Am liebsten würde ich Sie jetzt A…loch nennen!” Wer so raffiniert formuliert, sagt ja eigentlich nur, was er gerne täte, ohne es wirklich zu tun – oder? Ganz egal: In den Gerichten wird so was als indirekte Beleidigung gewertet und ist ebenso mit einer Geldstrafe zu belegen wie die direkte Formulierung.
ARAG-Expertin Mehring: “Für Beleidigungen gibt es keine Regelsätze! Darum gibt es auch keinen Schimpfwortkatalog, dem man entnehmen könnte, welches Schimpfwort bei einer eventuellen Ahndung wie teuer wird. Anders als zum Beispiel bei Verkehrsverstößen wird die Beleidigung abhängig von den Tatumständen bewertet und die Geldstrafe in Tagessätzen angegeben. Dabei entsprechen 30 Tagessätze einem Monatsnettogehalt – die Geldstrafe orientiert sich also an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten.”