Streaming-Abmahnungen: Landgericht Köln macht Rückzieher und Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Abmahnwelle der Kanzlei Urmann + Collegen aus Regensburg überrollte in den letzten Tagen das Land. Diese mahnt im Auftrag der in der Schweiz ansässigen “The Archive AG” Nutzer der Plattform “Redtube” für das Anschauen erotischen Filmmaterials ab- und verlangt von diesen neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung einen Betrag in Höhe von 250,00 EUR.
Insgesamt 16 verschiedene Zivilkammern waren hiermit befasst. Die Anträge enthielten jeweils zwischen 400 und 1.000 IP-Adressen. Von den Anträgen wurden 27 zurückgewiesen bzw. nach Hinweis der Kammer von der Antragstellerin zurückgenommen. Geht man für die 62 bewilligten Anträge von einem Mittelwert von 700 IP-Adressen aus, könnte sich die Zahl der erteilten Auskünfte im mittleren fünfstelligen Bereich bewegen.
Es scheinen nun doch erhebliche Zweifel an der Rechtmässigkeit der Abmahnungen entstanden zu sein.
Das Landgericht Köln erklärt nun in einer Pressemitteilung vom 20.12.13, dass:
“Einige Kammern bei denen Beschwerden von Anschlussinhabern eingegangen sind, haben bereits signalisiert, dass sie die inzwischen aufgetauchten Bedenken u.a. an der Ordnungsgemäßheit der Ermittlung der IP-Adressen für beachtlich halten. Ferner haben diese Kammern nun mitgeteilt, dass sie dazu neigen, an ihrer ursprünglichen Einschätzung nicht mehr festzuhalten und den Beschluss aufzuheben bzw. auszusprechen, dass dadurch der Anschlussinhaber in seinen Rechten verletzt wurde.”
Das Gericht führt weiter dazu aus, dass:
“Die Kammer neigt insoweit zu der Auffassung, dass ein bloßes Streaming einer Videodatei grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts, insbesondere keine unerlaubte Vervielfältigung i. S. d. § 16 UrhG darstellt, wobei diese Frage bislang noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist.
Weiterhin ist auch die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht. Das Gutachten befasst sich mit der Erfassung des von dem Gutachter selbst initiierten Download vorgangs.
Dass auch Downloads von anderen Rechnern zuverlässig erfasst würden, ergibt sich hieraus letztlich nicht. Insoweit ist der Kammer derzeit auch nicht erkennbar, wie das eingesetzte Ermittlungsprogramm in der Lage sein soll, die IP-Adresse des Downloaders zu erfassen, der lediglich mit dem Server kommuniziert, auf dem das Werk hinterlegt ist. Es bleibt mithin die Frage unbeantwortet, wie das Programm in diese zweiseitige Verbindung eindringen kann.”
Doch damit nicht genug
Die Staatsanwaltschaft Köln hat gegen die involvierten Anwälte ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Es bestehe der Verdacht…
“falscher eidesstattlicher Versicherungen in den hier in Rede stehenden Verfahren”.
Das bedeutet, dass das von Rechtsanwalt Sebastian vorgelegte Gutachten, in dem behauptet wird, die Software arbeite rechtmäßig, für falsch gehalten wird.
Rechliches
Streaming nach Auffassung vieler Juristen hierzulande nicht illegal und es gibt auch kein entsprechendes Urteil, was das Anschauen von Streams verbietet. In den Gerichtsbeschlüssen des Landgerichts war nicht von Streaming die Rede, dort stand etwas von Filesharing. Filesharing aber fand in diesem Fall eindeutig nicht statt. Allerdings waren die Anträge der Kanzlei Sebastian so unklar formuliert, dass das Gericht offenbar glaubte, es gehe um Filesharing.
Fazit
Alles in allem dürfte sich die Abmahnungen für die angeschriebenen “Betroffenen” nun erledigt haben. Nur, wie die abgemahnten Internetnutzer wieder an ihr Geld kommen- sollten diese bereits bezahlt haben, diese Frage bleibt offen und ist ungeklärt.