„Verbraucherschützer“ im Visier
Marco B. lebt in einer unscheinbaren Dachgeschosswohnung in Pfersee. Von hier aus füttert er diverse Internetseiten mit Inhalten. Außerdem, das verrät ein Schild am Briefkasten, residiert hier der „Verbraucherschutz Internet Verein“. Neuerdings interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft für den jungen Mann. Die Behörde glaubt, dass seine Aktivitäten mit Verbraucherschutz wenig zu tun haben. Sie ermittelt wegen Betrugs.
Der Verdacht der Augsburger Ermittler: Marco B.s Internetseiten sollen vor allem dazu dienen, die Nutzer auf die Homepage eines offensichtlich unseriösen Anbieters von Heimarbeit mit dem Namen „GlobalFX“ zu lotsen. Dort wird Internetsurfern versprochen, sie könnten durch das Bearbeiten von E-Mails am heimischen Computer bis zu 3500 Euro monatlich verdienen. Wer wissen will, wie das genau funktioniert, muss allerdings vorher Informationshefte und Schulungsunterlagen für 40 Euro oder mehr kaufen. Der Verdienst danach sei jedoch „völlig ungewiss“, sagen seriöse Verbraucherschützer wie die Verbraucherzentrale in Hamburg.
Die Verbraucherzentrale aus der Hansestadt hat den „Verbraucherschutz Internet Verein“ und „GlobalFX“ schon länger im Visier. Edda Castelló, Leiterin der Abteilung Recht in Hamburg, hält die Masche für „besonders fies“, weil hier ausgerechnet unter dem Deckmantel von vermeintlichem Verbraucherschutz abgezockt werde. Marco B. warnt auf den Seiten des „Verbraucherschutz Internet Vereins“ zwar tatsächlich auch vor diversen fragwürdigen Angeboten. Dies sei jedoch nur ein „Kuckucksei“, meint der Verbraucherschutz-Experte der Arbeiterkammer Steiermark, Peter Kiesswetter. Auch in Österreich ist man auf die Internetseiten aus Augsburg bereits aufmerksam geworden. Kiesswetter empfiehlt den Verbrauchern, von den Angeboten auf diesen Seiten „die Finger zu lassen“.
Beschuldigter sieht sich als Opfer einer Verleumdungskampagne
Wie Matthias Nickolai, der Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage bestätigte, wird derzeit gegen Marco B. und eine weitere Person ermittelt. Neben dem Betrugsverdacht steht auch der Vorwurf im Raum, die Beschuldigten hätten gegen das Urheberrecht verstoßen, weil sie fremde Logos und Texte – etwa von Polizei und Verbraucherschutzverbänden – nutzen. „Die Ermittlungen laufen noch“, so Nickolai. Das Finanzamt in Fürth, bei dem der „Verbraucherschutz Internet Verein“ gemeldet war, hat dem Verein inzwischen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit entzogen. Marco B. bestreitet alle Vorwürfe. Er sei selbst vor mehr als einem Jahr mit einer Heimarbeits-Masche abgezockt worden. „Deshalb habe ich den Verein gegründet.“ Über die Zahl der Mitglieder schweigt er. Den Verdacht, dass es in Wahrheit um Profit gehe, weist er von sich. Gleichzeitig droht er jedem, der ihn in die Ecke von Betrügern stelle, mit „der vollen Härte des Gesetzes“. Sich selbst sieht er als Opfer einer Verleumdungskampagne.
Sollte sich der Verdacht gegen Marco B. dennoch erhärten: Er wäre nicht der Einzige, der unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes wirbt. „Das stellen wir leider häufig fest“, sagt Simone Wander vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Tun können die „echten“ Verbraucherschützer dagegen nur wenig. Der Begriff „Verbraucherschutz“ ist nicht geschützt. Jeder kann ihn benutzen.
Ein Bericht von Jörg Heinzle