Wege aus der psychischen Krise: Netzwerk Gesundheit

Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt seit Jahren. Viele Menschen leiden an Depressionen, Angststörungen oder anderen psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Das zeigen auch die Zahlen des aktuellen Gesundheitsreports der Techniker Krankenkasse für Niedersachsen.
Bei den niedersächsischen Erwerbspersonen gab es in den letzten sechs Jahren einen Anstieg psychisch bedingter Fehlzeiten um 58,3 Prozent. Bei keinem anderen Diagnosebereich verzeichnet die TK im letzten Jahrzehnt derartige Anstiege.
Auch die Zahl der Klinikaufenthalte aufgrund von Depressionen, Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen ist zwischen 2006 und 2010 um rund 15 Prozent auf 54.328 Fälle gestiegen.
Ursachen gibt es viele. So können beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes, Partnerschaftsprobleme, Stress im Beruf oder der Tod eines Angehörigen dazu führen, dass Menschen in eine Krise geraten. Aber auch ohne ersichtlichen Auslöser – etwa durch eine genetische Veranlagung – kann es zu psychischen Erkrankungen kommen.
Nicht immer ist ein Krankenhausaufenthalt für die Betroffenen die beste Lösung. „Viele der Patienten, die an diesen schweren psychischen Erkrankungen leiden, haben schon eine lange Krankheitsgeschichte hinter sich.
„Wir müssen feststellen, dass sich die Versorgung psychisch kranker Menschen oftmals an den Therapieangeboten vor Ort und leider nur selten an den spezifischen Bedürfnissen der Patienten orientiert“, bemängelt Jochen Blaser, Krankenhausreferent der TK in Niedersachsen.
Oft werden durch eine stationäre Behandlung die Menschen aus ihrem gewohnten Lebensumfeld herausgerissen. Nach der Entlassung fehlt vielen Patienten konkrete nachhaltige Hilfe, so dass sie bei der nächsten Krise wieder in der Klinik vorstellig werden – der sogenannte Drehtüreffekt tritt ein.
Um die Defizite in der medizinischen Versorgung zu verbessern, den negativen Kreislauf zu durchbrechen und den Erkrankten ein individuelles Therapieangebot zu machen, hat die TK gemeinsam mit dem Vertragspartner IVPNetworks GmbH das „Netzwerk psychische Gesundheit“ (NWpG) in Niedersachsen ins Leben gerufen.
Fachärzte und andere kompetente Leistungserbringer wie zum Beispiel Fachpfleger für Psychiatrie, Bezugstherapeuten und Sozialarbeiter kümmern sich um die Patienten.
Jochen Blaser, Krankenhausreferent der TK in Niedersachsen:
„Ziel des Konzeptes ist, die Patienten soweit zu unterstützen, dass sie trotz ihrer Erkrankung – mithilfe von aufsuchender Betreuung zu Hause und qualifizierten Ansprechpartnern rund um die Uhr – im gewohnten familiären, beruflichen und sozialen Umfeld bleiben können; also ambulant vor stationär“.
„Das Interesse am Therapiekonzept ist groß“, bestätigt Dr. Norbert Paas, IVP-Geschäftsführer. „90 Prozent derjenigen, die mit unseren Netzwerkpartnern ein Erstgespräch führen, schreiben sich danach auch ein. Etwa 50 Prozent von ihnen leiden an Depressionen, rund 30 Prozent an Schizophrenien oder schizoaffektiven Störungen“.
Bis jetzt haben sich in Niedersachsen fast 700 TK-Versicherte in das Behandlungskonzept eingeschrieben, monatlich kommen etwa 70 Personen hinzu. Um das Leistungspotential des Projekts genau bewerten zu können und Prozesse weiter zu optimieren, wird das NWpG stetig evaluiert.