Die neue Isolation
Internet:


Spielen, Surfen, Chatten, Bilder posten: Für viele Kinder und Jugendliche ist der Computer die beliebteste Freizeitbeschäftigung. Onlinespiele und Social-Media-Plattformen, wie Facebook, Twitter oder Instagram sind nicht mehr wegzudenken.
In einer Forsa-Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) gaben 94 Prozent der norddeutschen 14- bis 20-Jährigen an, aktiv bei Facebook zu sein. Sie wollen up-to-date sein, mitreden können und dazugehören.
Ein virtueller Gruppenzwang.
Sind fast alle Freunde in einem Netzwerk angemeldet, so ist Dabeisein „Pflicht“; ansonsten besteht die Gefahr, nicht mehr über die Aktivitäten des Freundeskreises auf dem Laufenden zu sein.
Schwierig wird es, wenn neben dem PC-Dauermarathon kaum noch Zeit für das reale Leben bleibt. Kritiker – wie Professor Dr. Christoph Möller, Chefarzt der Abteilung Kinder und Jugendpsychiatrie mit dem speziellen Angebot Mediensüchte – Teen Spirit Island in Hannover – sehen die Gefahr, dass weniger von einer neuen Verbundenheit, sondern eher von einer neuen Isolation gesprochen werden muss.
„Viele Jugendliche, die im wirklichen Leben soziale und emotionale Probleme aufweisen und keine Freunde haben, können diese Defizite in der virtuellen Welt vergessen und haben durch das Netz plötzlich einen immensen Freundeskreis“, erklärt Möller. Daraus resultiere auch ein dauerhaftes – oftmals mobiles – Onlinesein, denn: Smartphones und Tablets machen es den Nutzern leicht.
„Rund 20 Prozent der 15-jährigen Mädchen und Jungen weisen darüber hinaus ein exzessives Online-Spielverhalten auf und bewegen sich täglich mehr als 4,5 Stunden im Netz“, so Möller. „Bei den Medienabhängigen gibt es keinen geregelten Tagesablauf und Nachtschlaf mehr, die Mahlzeiten – nur noch schnell als Pizza konsumiert – sind ebenfalls unregelmäßig. Auch die Körperhygiene wird vernachlässigt.
„Wir sind keineswegs ein Verächter des Internets und der sozialen Medien“, erläutert Dr. Sabine Voermans, Leiterin der TK in Niedersachsen. „Wichtig ist aber ein reflektierter Umgang der Jugendlichen und auch der Eltern mit dem Medienkonsum.“
Eltern sollten immer im Kontakt mit ihrem Kind bleiben:
Die Kinder und Jugendlichen bräuchten nicht das Internet als Gegenüber, sondern reale Personen und Gesprächspartner, mit denen sie sich auseinandersetzen können.
„Soziale Beziehungen sind wesentliche Faktoren, die die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen positiv beeinflussen“, ergänzt Voermans. Diese Aussage unterstützt auch Professor Möller. „Medienkompetenz beginnt mit Medienabstinenz“, so seine Kernbotschaft.
Wenn Eltern unsicher sind, ob sich ihr Kind schon in den Weiten des World-Wide-Web verloren hat, rät die TK, entsprechende Beratungsstellen aufzusuchen, die sich bereits auf Onlinesucht bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert haben.